Ich wache um 7 Uhr auf, der Regen hat aufgehört, ich schäle mich aus dem Zelt und gehe mit einer Duschmarke bewaffnet zur Dusche. Auf dem Duschmarkenkasten finde ich einen ökologischen Hinweis, dass ich mit der Duschmarke 7 Minuten warm duschen kann und sogar zwischen drin die Dusche abstellen kann ohne dass diese Zeit abgebucht wird. Nach kurzer Warmdusche seife ich mich gründlich ein und stelle die Dusche wieder an. Nichts passiert – kein heißes Wasser – kein kaltes Wasser – nichts. Da stehe ich nun, ich Schaumgeborener. Ich nehme das Handtuch, das mir Horst und Gaby noch am Samstag geschenkt haben und mit dem man angeblich sogar ein Pferd abtrocknen könne. Es reicht für mich und den Schaum. Im spüle mir am Waschbecken noch kurz die wenigen Haare durch. Dafür reicht das Handtuch dann auch noch. Ich hole meinen Rucksack aus dem Zelt und lege ihn unter ein trockenes Vordach. Stück für Stück hole ich meine Sachen aus dem Zelt und verstaue sie im Rucksack. Dann wird das Zelt von den Heringen befreit, als Ganzes hochgehoben, die Wassertropfen abgeschüttelt und auch unter das trockene Vordach verfrachtet. Der Kiosk ist offen. Das Frühstück besteht aus 2 Kaffee und 2 frischen unbelegten Brötchen (Vorsaison), sowie des Versuchs einer Erklärung des Duschmarkenzwischenfalls.
Das Zelt wird eingepackt und auf den Rucksack geschnallt, dieser geschultert und aufwärts geht es in Richtung Lichtenberg. Nach kurzer Wegstrecke schon die erste Zwischenrast am Eselsbrunnen für ein Foto des Bollwerks . Oben in Lichtenberg angekommen zeigt das Wegzeichen nach links und nach rechts. Mein Bauchgefühl und die Himmelsrichtung sagt links, die Karte rechts. Ich gehe nach rechts. Nach wenigen Metern merke ich, dass ich diese Strecke schon einmal mit Thomas und einem Bekannten von ihm gegangen bin. Es geht permanent bergan. Kurz vor Lützelbach zeigt sich eine Regenfront am Himmel. Ich suche sicherheitshalber eine Gaststätte auf. Es ist zwar erst 11:30, aber die Bedienung legt mir schon die Speisekarte vor. Mit einem kleinen Seitenblick nach draußen (es nieselt) entscheide ich mich für einen Schweinkümmelbraten (kleine Portion). Vorher gibt es noch eine Spargelsuppe und als Nachtisch eingemachte Rinsklor (hochdeutsch Reneclauden). Der Himmel klart auf und ich mache mich nach einem kurzen Anstieg auf den Weg ins Tal nach Brandau. Ich komme am Wochenendgrundstück von Thomas vorbei (zum Glück habe ich keine Schlüssel für die Hütte), durchquere Brandau und gehe wieder hoch nach Beedenkirchen. Bei einer kleinen Rast auf dem Hügel mit Sicht auf Beedenkirchen kommt mir der erste Gedankenhopser. Außerdem entwickle ich den Gedanken zum Anlegen eines weiteren Kapitels auf meiner Homepage: „Mein Wanderwörterbuch". Der erste Eintrag wird das Thema Umgehungsstraßen für Wanderer enthalten.
Ich gehe Richtung Felsenmeer auf einem breiten Wanderweg. Plötzlich zeigt das Wanderzeichen nach rechts auf einen steilen schmalen Pfad in den Wald. „Kann nicht sein", sage ich und gehe weiter, werde unsicher und gehe wieder zurück, erklimme den steilen Pfad mit Unterstützung eines Aldi-Stocks, da ich mit der anderen Hand die Attacken von Baumästen auf meinen Rucksack abwehren muss. Nach 50 steilen Metern stehe ich vor dem Odenwalddenkmal. Ich mache eine kurze Verschnaufpause, dann etwas weiter bergan, dann wieder steil bergab, bis ich ca. 20m von meinem letzten Rückkehrpunkt entfernt wieder auf dem breiten Wanderweg lande. Der Begriff des „fakultativen Wanderzeichens" wird geboren.
Jetzt geht es das Felsenmeer abwärts. Es ist noch glatt vom gestrigen Regen und ich brauche 2 Aldistöcke zur Unterstützung. Ich erreiche den Auerbacher Park, verpasse das Wegzeichen des Blütenwegs und stehe plötzlich unten in Auerbach. Ich habe keine Lust Landstraße zu laufen, suche den Blütenweg und mühe mich wieder bergan. Unterwegs treffe ich ein Wandererehepaar, das mich auf die Jakobsmuschel anspricht. Sie begleiten mich bis zum Kirchhäusl. Ich bestelle mir eine „stark verdünnte Weißweinschorle". Hier passiert es mir zum ersten Mal, dass man sich nicht traut den vollen Preis für eine Weinschorle zu nehmen und diesen so stark reduziert, dass der Endpreis unter dem von reinem Wasser liegt. Dann beginnt der halsbrecherische Abstieg über die Betonpiste nach Bensheim, der schon ohne einen Rucksack eine Herausforderung bedeutet. Wieder sind 2 Aldistöcke erforderlich. Dem Abstieg folgt der Aufbau bei Mariano (Bodega „Der Spanier") mit Weißweinschorle und Krabben in Knoblauch. Zum Glück brauche ich keine Unterkunft mehr zu suchen. Ich schleppe mich und meinen Rucksack die steilen Treppen hoch und falle im Gästezimmer in sofortigen Tiefschlaf. Danke Mariano, Danke Patricia